von René Laemmel

Ende 2016 sah der junge Bäcker Marc Jaisli in der Tagesschau einen Beitrag über die Hungersnot in Afrika, und zwei Minuten später kam in derselben Tagesschau ein Bericht über «Foodwaste», wo es darum ging, dass in der Schweiz ein Drittel aller Lebensmittel weggeworfen werden. Das stiess ihm damals extrem sauer auf. Einige Wochen später beschäftigte ihn diese Geschichte noch immer und er beschloss, seinen eigenen Beitrag zur Linderung dieses Problems zu leisten. «trends & style» hat ihn in Buchs (AG) besucht und ihm einige Fragen gestellt.

Herr Jaisli, was haben Sie nach ihrem Entschluss, selber aktiv zu werden, als Erstes unternommen?
Zuerst nahm ich unseren Betrieb unter die Lupe und analysierte, wo bei uns unnötig Lebensmittel weggeworfen werden. Aufgefallen ist mir, dass wir in unseren Filialen extreme Schwankungen beim Brot-Verkauf haben. Trotz modernsten Kassen und gutem Gespür schafft man es fast nie, dass es bis zum Feierabend aufgeht. Zudem muss man auch sagen, dass der Kunde heutzutage der Meinung ist, der Becker müsse bis zum Ladenschluss ein volles Sortiment anbieten. Es schneiden sich Angebot und Nachfrage und es entsteht Überschuss.

Haben Sie sich schon früher mit dieser Problematik befasst?
Seit über zehn Jahren arbeiten wir mit der Tafelorganisation «Tischlein deck dich» zusammen. Dort wird ein grosser Teil unserer unverkauften Produkte den Bedürftigen in der Schweiz abgegeben. Den Rest bringen wir wöchentlich zur Schweinemästerei in der Region. Dies ist meiner Meinung nach nicht die beste Lösung, aber unter dem Strich immer noch besser als der Weg in die Tonne.

Haben Sie sich mit Berufskollegen schon über diese Missstände unterhalten?
Ich informierte mich bei zahlreichen Gesprächen mit meinen Berufskollegen, wie mit diesem Thema umgegangen wird. Leider hatte niemand eine Lösung bereit. Einzig, das «Brot von gestern» im Brotregal zu kennzeichnen – dies entspricht aber nicht so unserer Philosophie – oder das System «Essbar», welches aber nicht in unserer Nähe angeboten wird. Ich beschloss deshalb, selber eine Lösung zu finden, denn in meinen Augen kann es nicht sein, dass wir in der Schweiz unzählige Lebensmittel einfach so wegen Überschuss entsorgen.

Wie lange brauchten Sie, um das neuartige Produkt auf den Markt zu bringen?
Ein gutes halbes Jahr habe ich an einem neuen Brot getüftelt, welches mindestens 60 Prozent internes unverkauftes «Altbrot» enthält. Rezepte in dieser Form gab es keine. Leider musste ich durch etliche Versuche einsehen, dass ich meinen hohen Anspruch an «Altbrot» herabsetzen musste. Es entstand das «Jaisli-ReBack-Brot» mit 40 Prozent Altbrotanteil und einem garantierten «grünen Fussabdruck». Dank der speziellen Teigbereitung und einer Teigruhe von 30 Stunden bleibt das Brot vier Tage lang frisch. Diese Garantie gebe ich allen Kunden von uns.

Werden Sie betriebsintern unterstützt?
Meine Eltern (Heidi und Beat Jaisli, auch schon in der zweiten Generation) unterstützten mich tatkräftig bei der Entwicklung und der Erarbeitung des Verkaufskonzeptes. Sie waren sogar der Meinung, wir müssten diese Geschichte noch weiterziehen, es entstand das Label «Jaisli ReBack – Brot im Kreislauf».
Wir stellen uns gegen Foodwaste und reden nicht nur davon!

Geht die Geschichte weiter?
Bei einem von unseren unzähligen kreativen Gesprächen kamen wir plötzlich auf die Idee, einen Relaunch des «Hot-Karott» zu machen. Das «Hot-Karott» war vor über zehn Jahren eine Idee meines Vaters gewesen. Damals war es zusammen mit den Aargauer Bäckern lanciert worden. Geschmacklich und verkaufsmässig leider ein Flopp, aber die Idee war toll! Ich begann neben der Entwicklung des «ReBack»-Brotes mit der Neukreation des «Hot-Karott». Es dauerte nicht lange, bis ich auf die Idee kam, das mittlerweile geschmacklich ausgezeichnete «ReBack»-Brot mit den gekochten Rüebli aus der Hotdog-Maschine zu kombinieren. Geschmacklich auf den Höhepunkt gebracht wird dieses Produkt mit einer feinen Sweet-and-sour-Sauce und zu allem ist es erst noch vegetarisch.

Seit wann gibt es nun das «ReBack»-Brot?
Der Verkaufsstart des «ReBack»-Brots war am 16. Oktober vergangenen Jahres, passend zum Welternährungstag. Zwei Wochen später präsentierten wir das «Hot-Karott» zusammen mit dem «ReBack»-Brot bei uns in der Gemeinde an der Gewerbeausstellung. Zur Degustation verteilten wir um die 2000 «Hot-Karott». Nach anfänglicher Skepsis der Besucher kam es bei fast allen sehr gut an, ausser natürlich bei denen, die der Meinung waren, es gehöre generell ein Wienerli rein. Meine grösste Sorge war, dass unsere Kunden die Idee und die Überlegung hinter der «ReBack»-Philosophie nicht verstehen oder nicht verstehen wollen. Dies war völlig unbegründet! – Also machen wir weiter.

Sind weitere Innovationen geplant?
Nach den vielen Komplimenten unserer Kunden und Freunden bezüglich unseres Engagements gegen Foodwaste tüftle ich zurzeit bereits an einem dritten Produkt.
Es soll ein «Dinkel-ReBack-Brot» geben. Die Lancierung wird gegen Frühling 2018 sein – sofern alles klappt. Ich denke und glaube daran, dass ich mit meinem Schaffen auch meine Kunden dazu animieren kann, etwas gegen Foodwaste zu unternehmen und ein Zeichen zu setzen.

Anmerkung der Redaktion:
Wir wünschen dem innovativen und äusserst motivierten Jungbäcker aus Buchs (AG) auch für seine zukünftigen Projekte viel Erfolg. Wir haben selbstverständlich das «ReBack»-Brot persönlich getestet. Es schmeckt nicht nur besser als erwartet, es schmeckt besser als herkömmliches Brot!

Weitere Informationen unter: www.jaisli-beck.chMarc Jaisli Reback Brot Nachhaltigkeit Umwelt