Der Januar ist der schlechteste in der jüngeren Börsengeschichte überhaupt gewesen. China- und Ölpreiscrash sind die offensichtlichen Gründe dafür. Sagt man. Mit Verlaub: Es handelt sich dabei eher um einen der klassischen Psychoeffekte der Börse.

Chinas Volkswirtschaft ist im Jahr 2015 um 6,9 Prozent gewachsen. Die zuvor in den Medien verbreiteten Prognosen lagen zwischen 4,5 und 7,4 Prozent. Der Dalai Lama höchstpersönlich war mit seiner Prognose von 7,2 Prozent recht präzise.

Und was machen die Börsen? Sie gehen auf Tauchstation. Ich behaupte, das hätten sie auch getan, wenn die Prognose des Dalai Lama übertroffen worden wäre.
Es wurde in den vergangenen Wochen und Monaten zu viel und zu oft über Chinas harte Landung geschrieben. Angesichts der Wachstumszahlen kann von einer solchen nicht gesprochen werden.

Der berühmte Dichter Heinrich von Kleist hatte zu diesem Phänomen bereits vor mehr als 200 Jahren die passende Erklärung: «Die zwei obersten Grundsätze: Was das Volk nicht weiss, macht das Volk nicht heiss. Was man dem Volk dreimal sagt, hält das Volk für wahr.»

Ein anderes Beispiel dafür ist der Ölpreis und die leider völlig unzureichende Berichterstattung und Wahrnehmung dazu. Richtig ist, dass Preise von 27 Dollar für das Fass US-Sorte WTI zuletzt vor zwölf Jahren bezahlt worden sind. Grob fahrlässig ist es aber, in diesem Zusammenhang über Staatspleiten bis hin zum totalen Zusammenbruch der Wirtschaft zu sprechen. Das gleicht einem Verbrechen an unserer Psyche.

Gerade mal Randnotizen sind die gewaltigen Ersparnisse der Konsumenten beim Heizöl oder Autofahren und die riesigen Spareffekte in der Industrie und im Transportwesen. Über das enorme Konsumpotenzial des Eingesparten redet kaum jemand. Selbst harte Fakten wie das Preisniveau von weit unter 20 Dollar in den Jahren 1995 bis 2000 – und das bei steigenden Börsen – scheinen aus den Geschichtsbüchern der Börsen gelöscht.

Die Prognosen und Szenarien von namhaften Grossbanken passen da perfekt ins Bild: Sie raten Investoren, jeden Anstieg der Aktienmärkte zum Verkauf von Aktien zu nutzen.
Es drängen sich mir in diesem Zusammenhang zwei Fragen auf: Tun sie dies, um sich auf dem Rücken der Privatanleger billig in die verpasste Rallye einzukaufen? Wo sollten Anleger das Geld denn sonst investieren – vielleicht in Obligationen, um dort negative Renditen zu erzielen?

In der Marktpsychologie ist der Beginn des Jahres 2016 ein perfektes Beispiel für den sogenannten «Availibility Bias» – das Verfügbarkeitsfehlverhalten. Je häufiger Investoren hysterische Meldungen lesen, desto mehr verlässt sie der gesunde Menschenverstand. Sie werfen ihre Grundsätze über den Haufen und verkaufen panisch – ohne Rücksicht auf Verluste. In den Köpfen entsteht ein völlig verzerrtes Bild von Chancen- und Risiko-Verhältnissen. Gesellt sich noch der Herdentrieb zu diesem Verhalten, haben wir die perfekte Irrationalität an den Märkten.

Bringen wir also etwas Vernunft in die Betrachtung: Der von uns favorisierte breite Schweizer Aktienindex SPI hat in den letzten drei Jahren den SMI um rund 5 Prozent pro Jahr geschlagen. Im 2015 legte der SPI um rund 2,7 Prozent zu, während der SMI 1,9 Prozent an Wert verlor. Während die grossen Unternehmen über Frankenstärke und steigende Kosten jammern, zeigt der gesunde und innovative Mittelstand, wie sich ein flexibles Management auszahlt. Die angelaufene Ertragssaison belegt dies bereits eindrücklich.

Wenn Sie rational bleiben und «der Herde nicht hinterherrennen», finden Sie sehr aussichtsreiche Titel mit Dividendenrenditen zwischen 4 und 7 Prozent. Mit Schweiter, LEM, Phoenix, Burkhalter, Geberit, APG, Inficon oder Cembra sind hier nur einige Unternehmen genannt. Aber diese sorgen langfristig dafür, dass Sie einseitige Presseberichte, die mehr einer sensationsgierigen Panikmache als einem seriösen Journalismus dienen, mit dem sanften Lächeln eines Dalai Lama beiseite legen.

Mojmir Hlinka