Am letzten Oktoberwochenende ist es wieder so weit. In der Nacht von Samstag auf Sonntag werden europaweit die Uhren auf die Winterzeit zurückgestellt. Viele freuen sich über die gewonnene Stunde an diesem hoffentlich goldenen Herbstweekend. – Doch derzeit wird wieder heftig über eine Abschaffung der Sommerzeit diskutiert. Viele medizinische Gründe sprechen dafür, die Zeitumstellung aufzugeben, da zahlreiche Menschen unter dem veränderten Biorhythmus leiden.

ALLES AUS DEM TAKT

Unsere innere Uhr steuert nicht nur den Schlaf-Wach-Rhythmus, sondern auch den Stoffwechsel im Körper, die Hormone, den Kreislauf, den Blutdruck und viele weitere, lebenswichtige Prozesse. Personen mit empfindlicher Verdauung leiden besonders unter der Zeitverschiebung. Ihnen erleichtern Heilkräutertees das Einschlafen und sorgen für ein gutes Bauchgefühl. Eine kleine Teepause zwischendurch oder vor dem Zubettgehen schafft schöne Rituale im düsteren Herbst. 

HOCHSAISON DER SCHLAFMITTEL

Eine Forsa-Befragung im Auftrag der DAK-Gesundheit zeigte 2017, dass mehr als jeder vierte Erwachsene (27 Prozent) bereits gesundheitliche Probleme wegen der Zeitumstellung hatte, vor allem Müdigkeit, Abgeschlagenheit, Ein- und Durchschlafstörungen wurden genannt. Schlapp und müde fühlen sich sogar 77 Prozent der Befragten. Hochgerechnet greifen rund 300 000 Schweizer aufgrund der Zeitumstellung zu Schlafmitteln. In Deutschland würden 74 Prozent der Bevölkerung die Zeitumstellung gerne ganz abschaffen.

HUSCH, HUSCH INS BETTCHEN

Nicht nur Erwachsene und Schulkinder tun sich schwer mit der Zeitumstellung, auch schon Babys und Kleinkinder können auf die erzwungene Umstellung ihres Biorhythmusʼ mit Schlafproblemen oder Appetitlosigkeit reagieren – und das über mehrere Wochen. Laut einer Umfrage der DAK-Gesundheit ist jedes zweite Kind unter drei Jahren aufgrund der Zeitverschiebung müde, unruhig oder schläft schlecht ein. Die Krankenkassen empfehlen daher, kleine Kinder möglichst sanft und schrittweise an die Zeitumstellung zu gewöhnen, indem man schon ein paar Tage vorher anfängt, die Schlafenszeiten im Zehn-Minuten-Takt anzupassen, den Kindern abends nur leichte Kost anzubieten und sich tagsüber viel im Freien aufzuhalten.

HERBSTBLUES

Der Tageslichtmangel im Herbst begünstigt leider auch die Entstehung depressiver Verstimmungen. Laut der oben genannten Forsa-Umfrage geben zehn Prozent der Befragten an, sie litten vor allem nach der Zeitumstellung darunter. Hinzu kommt ein jahreszeitlich bedingter Bewegungsmangel und das Einkuscheln zu Hause: weniger frische Luft, weniger frische Nahrung, sondern lieber fett- und kalorienhaltiges Wohlfühl-Food. Das kann zu Nährstoffmangel oder Übersäuerung führen, welche sich wiederum in Stimmungsschwankungen oder Konzentrationsstörungen manifestieren können. Generell sollte man sich vor allem im Herbst vitaminreich und ausgewogen ernähren. Bei festgestelltem Mangel können Nahrungsergänzungsmittel wie Zink oder Magnesium helfen, die Zeit besser gelaunt zu überstehen. Auch Tageslichtlampen unterstützen viele Menschen während der Winterzeit mit ihrem angenehmen Licht. Um gut gelaunt und fit in den Tag zu starten, helfen Wechselduschen und Pflegeprodukte mit stimulierenden ätherischen Ölen wie Zitrus oder Ingwer.

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WISSENSCHAFTER SIND GEGEN SOMMERZEIT

Das «Büro für Technikfolgen-Abschätzung» hat im Auftrag des Bundestags Anfang des Jahres eine «Bilanz der Sommerzeit» erstellt. Auf 212 Seiten wertete die Wissenschaftseinrichtung bisherige Untersuchungen und selbst in Auftrag gegebene Gutachten aus. Das Fazit: Es gebe «keine belastbaren Hinweise auf ernsthafte positive oder negative energetische, wirtschaftliche oder gesundheitliche Effekte der Sommerzeit». Oder wie einer der Autoren gegenüber Bundestagsabgeordneten das Ergebnis zusammenfasste: «Die Sommerzeit ist relativ überflüssig!»

Auch Neurobiologe und Autor Dr. rer. nat. Peter Spork spricht sich für die Abschaffung der Sommerzeit aus: «Jedes Organ, letztlich sogar jede unserer hundert Billionen Körperzellen messen für sich die Uhrzeit. Die Aktivität vieler ihrer Gene schwingt im 24-Stunden-Rhythmus auf und nieder. Natürlich müssen all diese Rhythmen gut aufeinander abgestimmt sein. Bringen wir dieses Gefüge durcheinander, erhöht sich das Risiko für nahezu alle Volkskrankheiten, inklusive Diabetes, Herzinfarkt, Schlafstörungen und andere psychische Leiden. Genau deshalb sind solche Krankheiten bei Menschen, die über Jahre hinweg Nacht- und Schichtarbeit leisten, besonders häufig.
Die Zeitumstellung – ich spreche eigentlich lieber von der Uhrenumstellung, denn die Zeit bleibt ja in Wahrheit unverändert und wir stehen nur eine Stunde früher auf – bringt dieses System auf den ersten Blick nur kurzfristig etwas durcheinander, was im Allgemeinen nicht besonders schlimm ist. Es macht uns ja auch nichts aus, nach Portugal oder Griechenland zu reisen, wo die Uhren ebenfalls um eine Stunde anders gehen.
Doch auf den zweiten Blick bemerkt man das eigentliche Problem der Uhrenumstellung: Sie vergrössert für die allermeisten von uns über sieben Monate hinweg den sozialen Jetlag. Unsere inneren Uhren richten sich nämlich nach dem Lauf der Sonne, nicht nach dem Wecker. Und anders als bei der Reise nach Griechenland geht die Sonne ja nicht plötzlich eine Stunde früher auf und unter, wenn wir zwar die Uhren umstellen, ansonsten aber vor Ort bleiben. Plötzlich bekommen wir abends sehr viel mehr Tageslicht ab. Das gefällt vielen – mir auch –, aber es lässt uns abends später müde und morgens später wach werden. Der Wecker nimmt darauf jedoch keine Rücksicht, sodass wir insgesamt noch weniger schlafen als während der Normalzeit – und das sieben Monate lang. Es ist also die logische Konsequenz, für die Abschaffung der sogenannten Sommerzeit einzutreten. Eine Abschaffung der Normalzeit, wie sie manche Politiker fordern, wäre hingegen noch viel schlimmer als der jetzige Zustand.»

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