Zu geringe Reichweite, zu wenige Ladestationen, zu teuer – was ist dran an den gängigen Behauptungen über Elektroautos? Unsere E-Mobilität-Experten geben Auskunft.

ICH BIN MIETER, WIE KOMME ICH ZU EINER HEIMLADESTATION?

Am besten spreche ich mit meinem Vermieter. Vielleicht sind andere Mieter im Haus auch an einem Elektroauto und damit an einer Heimladestation interessiert. Es gibt für Mehrfamilienhäuser Angebote, welche das Lademanagement regeln – unter Berücksichtigung der Spitzenlast des Hauses. Somit muss die Leistung fürs Haus nicht erhöht werden. Zudem wird mir als E-Auto-Besitzer der Stromverbrauch direkt verrechnet. Dies gilt übrigens auch, wenn ich mein Fahrzeug bei der Arbeit laden möchte.

WIE LANGE DAUERT DER LADEVORGANG?

Zeit spielt vor allem eine Rolle, wenn ich unterwegs lade. Die Ladedauer ist abhängig vom Batteriestand und von der Kapazität der Batterie. An den Schnellladestationen warte ich im Schnitt

30 Minuten, bis meine Batterie wieder zu 80 Prozent geladen ist. Lade ich hingegen zu Hause über Nacht, dann brauche ich keine Schnellladestation. An einer Heimladestation dauert das Laden bei einem durchschnittlichen Tagesbedarf von circa 40 Kilometern ein bis zwei Stunden.

WIE WEIT KOMME ICH HEUTE MIT EINEM ELEKTROAUTO?

Reine Elektroautos, die heute auf dem Markt erhältlich sind, haben eine Reichweite von bis zu 500 Kilometern, je nachdem, wie gross ihr Batteriespeicher (in Kilowattstunden) ist. Auch die Fahrweise – zum Beispiel, wie man richtig bremst, um zu rekuperieren –, das Alter der Batterie, die Topografie und das Wetter sowie andere Stromverbraucher im Auto, wie etwa Heizung oder Klimaanlage, beeinflussen die Reichweite.

KANN ICH DEN ABSCHLEPPDIENST ANRUFEN, WENN ICH MIT LEERER BATTERIE STRANDE?

Theoretisch ja. Praktisch aber sollte das nicht vorkommen, wenn die Fahrt mit dem E-Auto gut geplant ist. Falls ich aber merke, dass sich meine Batterie langsam leert, sollte ich die nächste Ladestation aufsuchen. Davon gibt es inzwischen genügend, sodass ich nicht in ein «Ladeloch» falle. Elektroautos reduzieren zudem automatisch den elektrischen Verbrauch, sobald der Batteriestand tief ist.

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GIBT ES GENUG ÖFFENTLICHE LADESTATIONEN IN DER SCHWEIZ?

Das öffentliche Ladenetz in der Schweiz befindet sich noch im Auf- und Ausbau. Immer öfter sind Ladestationen in Parkhäusern, bei Einkaufszentren oder Ausflugszielen zu finden. Trotzdem ist es ratsam, lange Fahrten im Voraus zu planen und die Verfügbarkeit von Ladestandorten bei der Routenwahl und der Zeitplanung zu berücksichtigen. Im Alltag ist dies jedoch nicht notwendig, da Autofahrer im Schnitt pro Tag ungefähr 40 Kilometer fahren. Hierfür reichen die Lademöglichkeiten zu Hause oder am Arbeitsplatz.

WÄRE GENÜGEND STROM VOR­HANDEN, WENN ALLE AUTOBESITZER IN DER SCHWEIZ AUF E-AUTOS UMSTEIGEN WÜRDEN?

Der Marktanteil an Elektrofahrzeugen ist aktuell in der Schweiz noch sehr gering. Gerade einmal 1,7 Prozent der Neuzulassungen sind E-Autos. Bis alle Fahrzeuge in der Schweiz elektrisch betrieben werden, wird es noch eine Weile dauern. Das schafft Zeit, um entsprechende Massnahmen zu treffen. Fachleute rechnen jedoch damit, dass sich der Stromverbrauch deswegen nur geringfügig erhöhen wird und es somit genügend Strom geben wird.  

WIE VIEL KOSTET MICH EIN ELEKTROAUTO?

Ein Elektroauto kostet zwischen 30 000 und 120 000 Franken, je nach Modell. Für 100 Kilometer brauche ich etwa 20 Kilowattstunden. Lade ich nachts im EKZ-Netz mit ökologischem Naturstrom, kosten mich die 100 Kilometer 3.25 Franken. Lade ich an einer Schnellladestation, dann kann dies je nach Anbieter durchaus das Fünffache betragen.

Hinzu kommen die Steuerersparnisse für Elektroautos im Kanton Zürich Auch bei Service und Unterhalt komme ich günstiger als mit einem Benziner, weil das Elektrofahrzeug in etwa dreimal effizienter ist als ein Benzin-/Dieselfahrzeug derselben Fahrzeugklasse. Fahrzeuge lassen sich auf der Website des TCS vergleichen. Denn mit dem Kaufpreis alleine ist es nicht getan. Mit der TCO-Aufstellung (Total Cost of Ownership) können die Kosten zum jeweiligen Fahrzeug detailliert verglichen werden.

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IST EIN E-AUTO KLIMASCHONENDER ALS EIN BENZINER?

Ja. Sowohl bei der Produktion als auch bei der Emissionsbetrachtung weist das Elektroauto verglichen mit Benzinern eine bessere Umweltbilanz auf, insbesondere bei den Emissionen, da weder CO2 noch Feinstaub entstehen und auch die Lärmemissionen deutlich geringer sind. Hingegen wird bei E-Autos der Lithium-Ionen-Antrieb oft kritisch betrachtet. Dieser belastet gemäss Empa, der Eidgenössischen Materialprüfungs- und Forschungsanstalt, die Umwelt jedoch nur mässig. Nur etwa 15 Prozent der Gesamtbelastung von E-Autos entfallen auf die Herstellung, den Unterhalt und die Entsorgung der Batterie. Diese kann zudem vor der Entsorgung als stationärer Zwischenspeicher, beispielsweise um Strom auf Photovoltaikanlagen zu puffern, weiterverwendet werden, bevor sie rezykliert wird.

Übrigens setzen die Autohersteller ebenfalls vermehrt auf die Reduktion respektive Neutralisation von CO2 bei der Herstellung der Fahrzeuge.

MUSS ICH MIT EINEM E-AUTO ANDERS FAHREN?

Ein E-Auto beschleunigt schnell und ist bei geringem Tempo sehr leise. Deshalb muss ich in Quartieren oder in der Innenstadt besonders gut auf Fussgänger und andere Verkehrsteilnehmer achten, weil sie das Elektroauto womöglich nicht hören. Bremsen sollte ich langsam und nicht zu ruckartig, falls es die Verkehrssituation erlaubt, damit die Energie optimal rekuperiert wird. 

KANN DIE BATTERIE DER E-AUTOS IM SOMMER ÜBERHITZEN?

Heisse Sommertage mit 30° Grad Celsius und mehr sind nicht ideal für die Batterien der Elektroautos. Zwar nehmen die Batterien bei diesen Temperaturen keinen Schaden, ihre Kapazität aber sinkt.

Es lohnt sich deshalb, das Elektroauto im Sommer im Schatten oder am besten in der Tiefgarage

zu parkieren.  Wenn eine Batterie-Klimatisierung vorhanden ist, sollte diese bei hohen Temperaturen eingeschaltet werden, gerade wenn das Elektroauto geladen wird.

WIE VIEL GELD ERHALTE ICH, WENN ICH MEIN E-AUTO VERKAUFE?

Der Verkaufsbetrag eines Elektroautos hängt stark vom Modell ab – und von der Batterieleistung. Diese nimmt mit der Zeit ab und sollte daher vor dem Kauf oder Verkauf genau geprüft werden. Natürlich ist auch der Allgemeinzustand des Fahrzeugs wichtig.

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WELCHE INFRASTRUKTUR BRAUCHT ES, WENN MEHRERE E-FAHRZEUGE GLEICHZEITIG GELADEN WERDEN SOLLEN?

Wenn in der Tiefgarage eines Mehrfamilienhauses oder eines Einkaufszentrums mehrere Elektroautos gleichzeitig geladen werden sollen, braucht es ein dynamisches Lastmanagement. Dieses sorgt zum einen dafür, dass nicht alle Elektroautos gleichzeitig geladen werden, und zum anderen berücksichtigt es die Gebäudelast, also das, was die Strommenge, die das Gebäude (ob Mehrfamilienhaus oder Einkaufszentrum) sonst noch braucht.  Über das separate Abrechnungssystem lässt sich jede Ladung genau zuordnen und entsprechend verrechnen.

AUF WAS MUSS ICH ACHTEN, WENN ICH EIN E-AUTO KAUFEN MÖCHTE?

Wie bei einem Verbrenner müssen Grösse, Farbe, Fahrkomfort, das Interieur usw. stimmen. Beim Elektroauto muss ich mir zusätzlich Gedanken zu meinem Fahrverhalten machen: Wofür brauche ich das Auto? Wie viele Kilometer mache ich pro Tag? Wann fahre ich weiter als 200 Kilometer? Als Vergleich: Die Schweizer Bevölkerung legt im Schnitt 36,8 Kilometer pro Tag zurück. Für solche Distanzen reicht ein Mittelklasse-Elektroauto mit einer Reichweite von 200 bis 300 Kilometern gut.
Und ich muss mir überlegen, wo ich mein Elektroauto laden kann. Erfahrungswerte und Studien zeigen, dass meistens dort geladen wird, wo das Auto am längsten steht: zu Hause oder – wer mit dem Auto zur Arbeit fährt – am Arbeitsplatz. Weitere Möglichkeiten sind öffentliche Ladestationen.

Wer ein Haus mit eigener Garage und Ladestation besitzt, für den ist Laden kein grosses Thema. Wer jedoch als Mieter oder Stockwerkeigentümer in einer Überbauung wohnt, sollte vor dem Fahrzeugkauf die Verwaltung kontaktieren (siehe Frage 1).

ICH WÜRDE MEIN E-AUTO GERNE BEI DER ARBEIT LADEN, WIE GEHE ICH VOR?

Kontaktieren Sie Ihren Arbeitgeber. Falls mehrere Mitarbeitende ihr Auto laden möchten, empfiehlt sich ein dynamisches Lastmanagement, aber auch, um den Stromverbrauch verursachergerecht abzurechnen.

Text: Hardy Schröder, Reto Wullschleger, Claudine Perrothon, Katia Soland
Zweitveröffentlichung aus: «blue», das Magazin des EKZ

Bilder: © 123 RF

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